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Drascha zu Schabbat MiKetz, Hamburg 15. Dezember 2023 von Rabbiner Edward van Voolen

Wir haben Chanukka gerade abgeschlossen. Ein zentrales Thema des Festes ist die Unabhängigkeit – das Recht als Juden leben zu können. Das haben wir vor 2.200 Jahre erfolgreich bekämpft. Um unserer Unabhängigkeit zu gedenken und zum Ausdruck zu bringen, haben wir acht Tage lang unsere Chanukkiyot jeden Abend nach Sonnenuntergang öffentlich angezündet - draußen auf öffentlichen Plätzen, in der Synagoge oder an einer Fensterbank zu Hause.

Auf öffentlichen Plätzen und an einer Fensterbank auf der Straßenseite können auch nicht-Juden die Kerzen in der Dunkelheit leuchten sehen. Das bringt unsere jüdische Identität offen und stolz zum Ausdruck. Wie der Talmud (Schabbat 27b) lehrt, können wir die Chanukkiya auch drinnen aufstellen, wenn es eine Zeit der Gefahr ist. Unsere Tradition weiß all zu gut um die Gefahren, denen unser Volk regelmäßig in unserer Geschichte ausgesetzt war.

Manche zögern deswegen heute verständlicherweise, ihr Judentum in der Welt zu verkünden, ein Magen David sichtbar zu tragen, oder mit einer Kipa über die Straße zu gehen. Angesichts des derzeitigen Anstiegs von Antisemitismus und Drohungen gegen unsere Gemeinschaft ist es nicht leicht, Stolz zu verbreiten, und fröhlich zu sein. Es ist schwierig, das Grauen zu verdrängen, das wir seit neun Wochen inmitten des verheerenden Krieges zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas erleben. So viele unschuldige Menschen – ob israelisch oder palästinensisch - haben in diesem Krieg bereits ihr Leben verloren. Wir werden uns erst dann wieder besser fühlen, wenn wir die sichere Rückkehr all derer erleben, die noch immer als Geiseln in Gaza festgehalten werden, und wenn eine Lösung für die politischen Probleme im Nahen Osten gefunden wird.

Aber gerade jetzt, nachdem das Fest vorbei ist, sollten wir uns am Chag HaUrim, an das Lichterfest erinnern. Inmitten der Dunkelheit bleibt es unsere Aufgabe, unser Licht zu teilen - mit unserer Familie und unseren Freunden jeglicher Herkunft. Denn das hilft uns, mit denen, die uns wichtig sind, in Verbindung zu bleiben, und bewahrt uns davor, uns isoliert und verletzlich zu fühlen. Wir sollten dem Hass zusammen mit unseren Verbündeten mit Mut und Selbstbewusstsein entgegentreten – Frieden schließt man nicht mit seinen Freunden, aber mit seinen Feinden, hat der damaligen Premierminister Yitschak Rabin mal gesagt.

Wir dürfen unser Licht nicht erlöschen lassen und uns nicht davon abhalten lassen, zu zeigen, dass wir Liberale Juden Teil einer großen weltweit aktiven Union für Progressives Judentum sind. Wir sollten uns an den Worten des Propheten Jesaja (49,6) erinnern, dass wir ein "Licht für die Völker" in der Welt sein sollten – in einer Welt, in der wir nicht nur leben, sondern für die wir uns auch kümmern sollten. Wir sollten das Licht sein, das von den Kerzen von Chanukka und jede Woche von Schabbat ausgeht. Wir sollten uns für die Verbreitung dieses Lichts und die moralische Vision des Judentums in der Welt einsetzen. Als Juden und als Liberale Juden insbesondere bekämpfen wir seit Jahrtausenden jede Form von Ungerechtigkeit, die wir in der Welt sehen. Jedes Licht von jeder Person, von jeder von uns, ist dabei wichtig.

Mögen wir die Kerzen des Friedens und der Harmonie (Schalom), des Rechts und der Gerechtigkeit (Tzedek) und der Freude (Simcha) weiter entzünden und mögen wir diese Lichter auch im kommenden Jahr brennen lassen. Möge der Ewige uns segnen, wie er die beiden Söhne von Joseph in unserem Wochenabschnitt MiKetz gesegnet hat: Menasche, der „all mein Unglück hat vergessen lassen“ und Ephraim, der „mich im Lande meines Elends fruchtbar gemacht hat“ (Genesis 41, 51-52).

WeChen jehi Ratzon, und so möge es geschehen, Schabbat schalom.

 

Hier geht es zur russischen Übersetzung:


16. Word_Drascha MiKetz Hamburg 15. Dezember 2023_RU
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